Seit dem Season 4 Update hat Cryptic keine nennenswerten Neuerungen für Star Trek Online veröffentlicht, insbesondere der Fahrplan für neue Spielinhalte ist beträchtlich ins Hintertreffen geraten.
Grund für die Verzögerungen ist der Verkauf des Entwicklerstudios Cryptic durch den bisherigen Eigentümer Atari an das chinesische Unternehmen Perfect World Entertainment. Während der Übernahmeverhandlungen bestand offenbar ein Einstellungsstop bei Cryptic, der erst vor kurzem aufgehoben wurde, nachdem die Akquise vollständig war. Mit einem kleineren Patch vor rund zwei Wochen wurde auch das Atari-Logo endgültig aus dem Ladebildschirm des Spiels entfernt.
Allerdings tut man sich bei Cryptic offenbar schwer damit, den Rhythmus wiederzufinden, mit dem in der Vergangenheit regelmäßig und zügig neue Spielinhalte ausgeliefert wurden. Von den besonders erfolgreichen und beliebten „Featured Episodes“ (in sich abgeschlossene Mini-Serien, die als fünf Missionen an aufeinander folgenden Wochenenden veröffentlicht werden) wird es dieses Jahr wohl nur noch ein Fünferpack geben. Versprochen waren dagegen Anfang des Jahres praktisch ununterbrochene wöchtentliche Veröffentlichungen ab der zweiten Jahreshälfte.
Ein ähnliches Ärgernis sind die sog. STFs (Starfleet Task Forces, grob vergleichbar mit Raids in anderen MMOs). Hier warten die Spieler seit inzwischen einem Jahr auf die Fertigstellung von „Into the Hive“, einer Mission mit der Borg-Königin als Endgegner. Aber auch die vier existierenden STFs sind alles andere als fertig. Immer wieder tauchen nach Updates Bugs auf, welche die komplizierte Spiellogik der Endspielinhalte befallen und sie damit gelegentlich unspielbar machen. Die STF „Terradome“ scheint inzwischen in so einem schlechten Zustand zu sein, dass sie in absehbarer Zeit in eine normale Einzelspielermission konvertiert und als Endspiel-Raid geschlossen werden muss.
Zwei weitere Projekte, die eigentlich mit dem Season 4 Patch hätten ausgeliefert werden sollen, stehen seit Wochen chronisch kurz davor, veröffentlicht zu werden. Tatsächlich ist der erste Teil einer Borg-Invasion inzwischen auf dem Testserver Tribble spielbar, aber der bereits nach hinten verschobene Veröffentlichungstermin wurde erneut verpasst, um teilweise kritische Bugs beseitigen zu können.
Schlechter sieht es derzeit noch um das „Duty Officer“-Minispiel, dass den Spielers erlauben soll, besondere passive Fähigkeiten durch das Sammeln von Offizieren freizuschalten. Außerdem enthält das System eine neue Sorte von Missionen, die der Spieler an diese Offiziere vergeben kann und deren Ausgang automatisch ausgewürfelt wird. So können Spieler in Zukunft ähnlich klassischen Browserspielen durch Verwaltungstätigkeiten und Offline-Warten Erfahrungspunkte sammeln. Das Problem: Bisher gibt es nur Screenshots des Interfaces und regelmäßigen Forenmitteilungen eines beteiligten Entwicklers, aber kein Datum, wann das System wenigstens auf dem Testserver zu finden sein wird.
Unterdessen kocht die Forumsseele, nachdem Cryptic ein neues kostenpflichtiges Raumschiff im spiel-internen „Cryptic Store“ veröffentlicht hat, dass zweifellos den kostenlosen, im Spiel vorhandenen Schiffen überlegen ist. In der Vergangenheit hatte es dieses Problem bereits schon einmal gegeben, als für besonders fleißige Werber neuer Abonnenten eine Raumschiff der Galaxy-Klasse aus „All Good Things“ freigeschaltet wurde. Damals hatte es Monate gedauert, bis gleichwertige Raumschiffe bereit standen, die von anderen Spielern freigespielt werden konnten.
Um das neuerliche Ungleichgewicht zwischen „normalen“ Abonentenzahlern und denjenigen, die bereit sind, über die Monatsgebühr hinaus Geld in C-Points zu stecken, auszugleichen, hat Cryptic bisher nur Absichtserklärungen veröffentlicht (C-Points sind die Pseudo-Zwischenwährung, in die man Euros und Dollars konvertieren muss, um sie danach im Cryptic Store auszugeben). Die zur Zeit wahrscheinlichste Lösung ist, Spielern zu erlauben, untereinander spiel-interne Währungen für C-Points zu tauschen. Damit könnten normale Abonnenten ihre Spielleistungen an zahlungskräftigere Spieler verkaufen, und so C-Points für die kostenpflichtigen Posten im Bezahlladen verdienen.
Ein solches System ist allerdings davon abhängig, dass eine Minderheit von Spielern noch mehr echtes Geld in den virtuellen Markt von Star Trek Online pumpt, und dass es mit spiel-interner Währung interessante Dinge zu kaufen gibt, die man nicht auch im Cryptic Store findet. Zumindest an letzterem mangelt es derzeit gewaltig. Die wenigen Belohnungen, die man nur erspielen kann, statt sie für echtes Geld zu kaufen, sind entweder gar nicht handelbar oder vergleichsweise billig auf dem Spiel-internen Auktionshaus zu erstehen. Wie unter diesen Voraussetzungen normale Abonnenten von anderen Spielern umgerechnet 10 € für ein Raumschiff aus dem Cryptic Store erhandeln sollen, ist mindestens fragwürdig.
Bis Ende September sollen sich die Wogen endlich geglättet haben, dass jedenfalls verspricht Produzent Daniel Stahl. Dann soll der bislang fehlende Teil von Season 4 in einem größeren Update nachgereicht werden, dicht gefolgt von neuen Spielinhalten. Nach den Schwierigkeiten der letzten Monate darf man wohl vorsichtig skeptisch bleiben.